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Eine Klausel des Bauträgers, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Erstverwalter erfolgen kann, ist unwirksam.
Zusammenfassung zum Urteil des BGH vom 30. Juni 2016 (Aktenzeichen: VII ZR 188/13)

In seiner Entscheidung hat sich der BGH damit auseinandergesetzt, dass ein Bauträger ein Objekt errichtet hat und in seinem notariellen Verkaufsvertrag die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch den Erstverwalter vorsah. In dem Vertrag hieß es zusammengefasst: „Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums sollte durch „die Verwaltung gemäß WEG“, gegebenenfalls unter Anwesenheit von „Erwerbern“ erfolgen“.“.

Diese Klausel hält der BGH für unwirksam und setzt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechungstendenz fort, dass der Bauträger die Abnahme nicht auf andere durch seine Kaufverträge, die als AGB anzusehen sind, auf den WEG-Verwalter übertragen kann. 

Mithin war der WEG-Verwalter nicht zur Abnahme berechtigt, so dass der BGH sogar das Vorliegen einer Abnahme verweigert. 

Im entschiedenen Fall machte es für den BGH auch keinen Unterschied, dass der WEG-Beirat anwesend war. Im zu entscheidenden Fall hatte der Bauträger nicht dargelegt, dass der Beirat an der Abnahme mitgewirkt hat. (Beginn Anm. Verfasser: Nach meiner Ansicht würde aber auch die Mitwirkung des Beirates, soweit kein entsprechender einstimmiger Beschluss gefasst wurde, nichts an der Rechtslage ändern. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz obliegt die Abnahme von Bauarbeiten am Gemeinschaftseigentum nicht dem Beirat, so dass auch der Beirat für andere Wohnungseigentümer keine wirksame Abnahmeerklärung abgeben können dürfte. Bei anderer Ansicht käme dann aber gegebenenfalls eine Haftung des Beirates in Betracht. Ende Anm. Verfasser).

Dies hat zur Folge, dass eine vorgenommene Abnahme rechtlich ohne Bedeutung ist. Es gibt also keine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums und damit befindet sich das Gemeinschaftseigentum noch im sogenannten Erfüllungsstadium. Für die Beteiligten, also den Bauträger, die Wohnungseigentümer und die WEG bedeutet dies, dass der Bauträger nach wie vor für sämtliche Mängel haftet, bis eine ordnungsgemäße Abnahme erfolgt ist (Beginn Anm. des Verfasser: Rechtlich noch ungeklärt ist zum jetzigen Zeitpunkt, wie lange die etwaigen Ansprüche gegenüber dem Bauträger bestehen. Auf Fortbildungsveranstaltungen wird es für möglich gehalten, dass die Haftung bis zur Abnahme zeitlich unbegrenzt besteht. Hieran dürften aber Zweifel angebracht sein, wenn das Objekt ohne Beanstandungen über einen längeren Zeitraum genutzt wird, wobei als Zeitraum nach meiner Ansicht mindestens die Dauer der Gewährleistungsfrist anzusehen sein dürfte. Ende Anm. des Verfassers.). 

Durch diese Rechtsprechung besteht für zahlreiche Bauträger und ggs. auch Aufteiler ein nicht zu unterschätzenden Risiko. 

Für Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümergemeinschaften besteht eine rechtlich große Chance, auch nach Jahren auf Kosten des Bauträgers das Gemeinschaftseigentum „renovieren“ zu lassen. 

Alle beteiligten sollten aber wirtschaftlich beachten, dass damit für zahlreiche Bauträger und Aufteiler die Regressansprüche steigen können. Die Überprüfung von Rücklagen in der Bilanz ist ebenso dringend anzuraten, wie die Erstellung eines juristischen Projektmanagements für den Worst-Case-Fall, dass die finanziellen Belastungen für den Bauträger bzw. Aufteiler zu groß werden.


Der Autor dieses Artikels, Herr Dirk Salewski, ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Er ist daneben Vorstandsmitglied des WEG Verein Interessenvertretung für Wohnungseigentümer e.V..

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 © Rechtsanwalt Dirk Salewski, Kierspe (10/2016)



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